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HAUS WATTI METEORIX  |  SPUREN DES GRAUENS   

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DIE VORBEMERKUNG

Es sei erwähnt, dass das Projekt lediglich in Auszügen dargestellt wird. Pläne und Modell repräsentieren nur einen Bruchteil dessen, was gezeigt werden müsste, um den Entwurf und seine Intention begreifen zu können. Die nachfolgenden Gedanken und das Modell sollen dennoch ein Gefühl für das Anliegen des Museums vermitteln.

DIE PRÄAMBEL

Die folgenden Äußerungen stellen lediglich ein Szenario dar, auf dessen Grundlage ein solches Vorhaben "Spuren des Grauens" realisiert werden könnte.
Die nach wie vor anhaltende Diskussion um das Holocaust-Denkmal und um zahlreiche Jüdische Museen wirft zweifellos die Frage nach den "restlichen" 50 Millionen Todesopfern des Zweiten Weltkriegs nichtjüdischer Herkunft auf. Wie wird dieser Menschen gedacht? Die Geschichte, nicht nur die Deutschlands, bleibt uns die Antwort schuldig.
"Spuren des Grauens" soll auf diese Frage eine Antwort geben. Die deutsche Nation erkennt durch den Bau eines solchen Museums symbolisch die alleinige Kriegsschuld an, bittet die einst geschundenen Völker um Vergebung und schafft ein in die Zukunft weisendes Zeichen der Warnung, der Abschreckung, aber auch der Mahnung und Erinnerung. Standort ist Berlin, Aufbruch und Niedergang der wohl größten denkbaren Katastrophe, in welche die Menschheit je stürzte. Weltweit!

 
" Was geschah ist eine Warnung,
sie zu vergessen ist Schuld.
Man soll ständig an sie erinnern.
Es war möglich, dass dies geschah,
und bleibt jederzeit möglich.
Nur im Wissen kann es verhindert werden."

Karl Jaspers
(Philosoph und Psychiater)
 

DIE INTENTION

Vorweg: Das Gebäude ist eines nicht. Museum. Im Haus wird nichts gezeigt, nichts ausgestellt und vor allem nichts freigestellt. Es gibt einen einzigen Weg durch das gesamte Haus, diesem muss gefolgt werden.
"Spuren des Grauens" inszeniert Krieg als solchen am Beispiel des Zweiten Weltkriegs sowie seine grauenhaften Begleit- erscheinungen in seiner ganzen Gnaden- losigkeit und Brutalität. Der Besucher soll durch abstrakte visuelle, akustische und räumliche Eindrücke psychisch und physisch herausgefordert werden, bis nahe an die Leistungsfähigkeit von Geist und Seele eines Menschen und darüber hinaus. Ziel ist es, durch eine bauliche Reihung verschiedener, sich ständig steigernder emotionaler Erlebnisse den Besucher während der Führung durch das Gebäude in einen Zustand von Rührung, Abneigung, Schock, Wut, Trauer, Erregung, Grauen, Ver- zweiflung, etc. zu versetzen. Das "Nie wieder!" soll dabei im Vordergrund stehen.
(Der Eintritt ist frei! Jeder Besucher erhält vor dem Betreten des Gebäudes warnende Hinweise. Gegebenenfalls kann er unmittelbar vor oder nach dem Besuch eine Beratung in Anspruch nehmen. Ferner kann der Rundgang jederzeit abgebrochen werden.)
Der wesentliche Unterschied zwischen realem und inszeniertem Krieg besteht darin, dass der vorzeitige (freiwillige!) Abbruch die Entlassung ins berliner Straßenleben bedeutet, im Krieg kann ein vorzeitiges Ende nur den Tod bedeuten.

DER INHALT

In chronologisch geordneter Reihenfolge durchschreitet der Besucher voneinander getrennte Teilbereiche, die neben Krieg an sich vor allem jene Themen zum Inhalt haben, die besonders charakteristisch für den Zweiten Weltkrieg sind. Thematisiert werden: Gettoisierung, Menschentransport, Vernichtungslager, Eroberungs- und Stel- lungskrieg, Seekrieg, Bombennächte und Hiroschima (Innenperspektive "Leere").
Die Besucher werden zu Gruppen zu- sammengefasst, später in kleinere unterteilt und von einem Führer durch das Haus begleitet. Dessen Aufgabe ist es lediglich, bestimmte Zeitvorgaben anzusetzen. Erklärt wird absolut nichts. Es obliegt also dem Besucher selbst, wie er die im Gebäude abstrahierten Wahrnehmungsgegenstände (Räume, Töne, Gerüche, Oberflächen- beschaffenheiten, klimatische Zustände u.s.w.) aufnimmt, subjektiv verarbeitet und schließlich darauf reagiert. Das seelische System wird jetzt durch punktuelle oder dauerhafte Belastungen in seinen Bewäl- tigungsmöglichkeiten überfordert und schließlich traumatisiert. Man spricht von einem komplexen, psychotraumatischen Belastungssyndrom, wenn sich Gefühle wie Selbstanklage, Wertlosigkeit, Isolation anschließen und eine Veränderung der Affektregulierung eintritt. Es muss also Aufgabe der Inszenierung sein, eine Traumatisierung gerade noch zu verhindern. Zahlreiche Gespräche mit Psychologen im Vorfeld der Entwurfsplanung waren notwendig, um die Gratwanderung zwischen seelischer Berührung und seelischer Verletzung zu bewältigen. Und so gilt es, eine Person durch die Überflutung mit überwältigenden Eindrücken mit der eigenen unmittelbaren emotionalen Reaktion zu überschwemmen, ohne dass diese in eine eskalierenden Phase übergeht.

DER ENTWURF

Der Entwurf lehnt sich formal an Caspar David Friedrichs "Eismeer - Verunglückte Hoffnung" (1823/24) und Walter Gropius' Denkmal für die Märzgefallenen in Weimar (1920-1922) an. In direkter Nachbarschaft zur berliner Museumsinsel, an der Spree gelegen und nördlich vom S-Bahn-Viadukt flankiert, steht das Mahnmal im absoluten Mittelpunkt der inter- nationalen Weltöffentlichkeit.
Eine Durchwegung, gepaart mit kleinen Plätzen und Höfen, ermöglicht dem Besucher ein ge- dankliches Innehalten, ein Verweilen quasi im Gebäude, ohne es betreten zu müssen.
Ein Verwaltungsbereich, der sich durch seine gläserne Hülle deutlich vom eigentlichen Bau abhebt, beinhaltet des weiteren einen Vor- lesungssaal und Seminarräume für sach- bezogene Vorträge, Workshops oder Diskussionsrunden mit Schülern, Studenten, ausländischem Publikum u.s.w..

DIE REAKTIONEN

In erster Linie thematisieren Diskussionen sowohl bei der Diplomverteidigung als auch bei späteren Vorstellungen und Vorträgen stets die moralische, ethische und politische Haltung. Erst später neigt sich das Interesse dem Entwurf zu. Das Echo ist meist ein lautes und äußerst kritisches. Und es reicht von Anerkennung bis zur totalen Ablehnung.

Die Verfasser

 
 
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